Ehrenamt im Arbeitsfeld


Betriebe fordern mehr Hilfe vom Staat

Ausfall von ehrenamtlichen Mitarbeitern verursachen hohe Kosten - Erstes Kamingespräch der „Engagierten Stadt Cuxhaven“ erfolgreich

 

Ehrenamtliche sind oft auch motivierte Mitarbeiter und in allen Betrieben gerne gesehen. Doch der Ausfall der Arbeitskraft schadet kleinen Betrieben. Damit Firmen auch weiterhin auf ihre Leute zu Gunsten der Allgemeinheit verzichten, braucht es mehr als die bisher gezahlten Pauschalen, und zwar nicht nur für Feuerwehr- und THW-Mitglieder - das wurde beim ersten Kamingespräch der "Engagierten Stadt Cuxhaven" deutlich.

46,2 Prozent der Menschen in Niedersachsen sind ehrenamtlich engagiert, dem gebührt hohe Anerkennung. Doch was heißt das für ihre Arbeitgeber? Diese Frage hat die "Engagierte Stadt Cuxhaven" am Dienstag mit Helmut Weermann, Vorstandsmitglied der Stadtsparkasse Cuxhaven, Rainer Nübel vom Autohaus Nübel in Altenbruch und Michael Habben von Nutzfahrzeuge Habben auf der Arbeitgeber- sowie Michael Minsk vom Stadtjugendring und Stefan Kroos vom Deutschen Roten Kreuz auf der Arbeitnehmerseite diskutiert.

In der Freiwilligen Feuerwehr aktiv zu sein, hat bei Familie Nübel Tradition. "Schon mein Vater und Großvater haben das gemacht, ich selbst war auch dreißig Jahre aktiv", erzählte Nübel. Klar, dass er auch Verständnis für seine Angestellten zeigte, wenn der Piepser ging. "Fünf meiner zehn Angestellten sind ebenfalls bei der Freiwilligen Feuerwehr", gab er preis und erntete dafür große Anerkennung. Auch Michael Habben ist selbst ehrenamtlich engagiert, in der KFZ- und der Metallbauinnung. "Zwei meiner insgesamt zehn Leute sind beim DRK, einer bei der Feuerwehr", sagte er.

Beide machten deutlich: "Wenn die Arbeitskraft fehlt, weil der Einsatz ruft, wird der Auftrag nicht termingerecht fertig und der Kunde verprellt." Die Krux: Engagierte der Freiwilligen Feuerwehr und des THW muss der Arbeitgeber gehen lassen. Denn die Berufsfeuerwehr der Stadt schafft es nicht, an jedem Einsatzort innerhalb der vorgesehenen Zeiten zu sein. "Der Staat verlässt sich auf die Freiwilligen, ich halte Personal für den Staat vor, das kann doch nicht sein", kommentierte Rainer Nübel.

Denn auch wenn die Stadt pro Einsatz einen Verdienstausfall zahle, reiche der oft nicht aus. "Ich bekomme nur bezahlt, was der Mitarbeiter in der Zeit des Einsatzes verdient hätte, nicht was er leistet. Eine Abrechnung würde sich erst lohnen, wenn ich auch Kosten für Material, Steuern und Zinsen zurückerstattet bekäme", erklärte Habben. Nübel stimmte ihm zu. Beide Unternehmer sagten, sie würden in Zukunft zwar noch Bewerber, die sich engagieren, einstellen, müssten aber genau festlegen, wie oft diese ihren Arbeitsplatz verlassen dürfen.

Wenn das künftig in allen Betrieben so wäre, sehe die Zukunft für Rettungseinsätze düster aus, prognostizierten beide. Denn allein für einen Wattalarm würden in der Regel 50 Menschen zur Hilfe gerufen, erklärte ein Zuschauer, der beim DLRG engagiert ist. Berufsfeuerwehr, Freiwillige Feuerwehr und DLRG kämen ja nicht mit zwei Mann pro Wagen aus. Stefan Krooß vom DRK bestätigte dieses Szenario. "SPD und CDU haben in ihren Wahlprogrammen damit geworben, das Ehrenamt zu stärken, das ist auch dringend notwendig. Nur leider schreiben sie nicht, wie das aussehen soll."

Für positivere Stimmung sorgten Helmut Weermann und Michael Mingst. Bei der Stadtsparkasse seien rund 50 von 230 Mitarbeitern ehrenamtlichen engagiert. "Wir begrüßen und fördern das sehr", so Weermann. Allerdings seien viele der Tätigkeiten gut mit den Arbeitszeiten vereinbar, weil die Sparkassenangestellten gerne für Tätigkeiten wie den Schatzmeister genommen würden. "Aber wenn jemand eine Rufbereitschaft hat, ist es in der jeweiligen Abteilung so, dass die Kollegen dann die Arbeit mit wuppen", lobte Weermann.

Auch Mingst und Krooß erklärten, dass ihre Arbeitgeber sie für bestimmte Tätigkeiten freistellen. "Doch wenn Sitzungstermine an einem Montagnachmittag anberaumt werden, kann ich die nicht wahrnehmen, weil es keinen Ersatz für mich gibt", so Minsk. Einig waren sich alle Diskussionsteilnehmer darin, dass wieder mehr junge Menschen für das Ehrenamt begeistert werden müssen. "Wenn man alte Strukturen aufbricht und auf die Interessen von jungen Leuten eingeht, kann man sie für sich gewinnen", war Mingst überzeugt. 

Das ist dringend notwendig. Denn je mehr Menschen engagiert sind, desto weniger lastet die Verantwortung auf den Schultern einzelner und kleinerer Betriebe.